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Caro's maritime Kinderecke

Sagen und Märchen vom Rhein

DIE GLÜHENDEN KOHLEN

 

 

In alter Zeit, wo im Rhein neben Fischen auch noch Nymphen und Wassermänner lebten, lebte auch ein uralter Wassermann auf einer Insel im damals noch viel unheimlicheren Altrhein bei Lampertheim. In hellen Vollmondnächten erzählte der Wassermann den Rheinnymphen viele Geschichten. Und als die Nymphen eines Tages den alten Wassermann wieder einmal nervten und nach einer guten Geschichte fragten, da erzählte er ihnen die Geschichte von den glühenden Kohlen:

Im Städtchen Lorch am Rhein, da, wo das Flüsschen Wisper in den Rhein mündet, wohnten einst in einem kleinen Häuschen ein Fischer und seine Magd. Sie lebten mehr schlecht als recht von seinem Verdienst als Fischer auf dem Rhein. Die Magd versorgte den Haushalt, das Kleintier und den Garten.

Eines Nachts erwachte die Magd sehr früh. Es war ganz hell draußen und sie meinte schon verschlafen zu haben. Deshalb sprang sie auf und beeilte sich, das Feuer im Herd der Küche zu schüren. Als sie durch das Küchenfenster schaute, sah sie mitten im Hof einen Haufen glühender Kohlen liegen. Schnell eilte sie hinab, um einige davon zu nehmen und so schneller das Herdfeuer zum brennen zu bringen. Rings um das Kohlenfeuer lagen einige ihr unbekannte fremde Männer. Sie aber fuhr, ohne sich um diese Männer zu scheren, mit ihrer Schaufel in die Kohlen hinein. Dann kehrte sie mit der Schaufel voller glühender Kohlen in das Haus zurück.

Jedoch, als sie die Kohlen in den Herd schütten wollte, da glühten sie nicht mehr. Sie waren erloschen. Sofort lief die Magd noch einmal hinaus und holte wieder eine Schaufel voll. Es ging aber gerade wie beim ersten Mal. Die Kohlen glühten nicht mehr, als sie am Herd ankam. Und nochmals rannte die fleißige Magd hinaus. Da sprach einer der Männer mit tiefer Stimme: „Du, höre, dieses ist das letzte Mal!“

Die Magd erschrak fürchterlich, doch sie sprach kein Wort und beeilte sich, zurück ins Haus und wieder an ihren Herd zu kommen. Aber auch diesmal waren die Kohlen wieder erloschen.

Da hörte sie die Turmuhr der Stadtkirche schlagen. Die Magd horchte, denn sie wollte wissen wie spät es schon war. Sie zählte drei - vier - sechs sieben - so spät konnte es doch noch nicht sein - acht - neun? Was ist das? Und die Glocke der Stadtkirche schlug immer noch. Sie schlug bis die Magd zwölf Schläge zählte.

Da verschwand in Hof das Kohlenfeuer. Und auch die fremden Männer waren verschwunden.

Da bekam die Magd fürchterliche Angst. Sie rannte aus der Küche und eilte in ihr Zimmer. Dort kroch sie tief unter die Decke und sprach so viele Gebete, wie sie nur konnte und wusste.

Am Morgen darauf verschlief sie total. An Ihrer Stelle war nun der Fischer zuerst in der Küche. Der traute seinen Augen kaum. Auf dem Herd lag ein Haufen glitzernder Goldstücke. Glücklich nahm er den Schatz, kaufte sich davon ein neues Fischerboot und baute sich ein neues Haus in Lorch mit Blick auf den Rhein. Auch die Magd erhielt einen guten Anteil an dem neu gewonnenen Reichtum, so dass sie niemals mehr Not zu leiden hatte.

( Ludwig Bechstein, Leipzig 1853 ) überarbeitet und neu erzählt von Werner Reuters